Ich habe sehr lange überlegt, wie es jetzt weiter gehen soll. Mein Abitur habe ich nun in der Tasche und somit stehen mir alle Türen in die große weite Welt offen. Und das, obwohl ich noch nicht mal volljährig bin! Ich war schon immer ein etwas außergewöhnliches Mädchen und entschied mich meist für Dinge, die mich von der Mehrheit abspalteten. Ja, ich könnte fast behaupten, dass es schon mit der Entscheidung aufs Gymnasium zu gehen  begonnen hat. Wenn man wie ich im Dorf aufwächst und die Eltern Normalverdiener sind, ist es keine Schande auf eine Hauptschule oder Realschule zu gehen. Eigentlich ist es sogar recht normal. Man macht den Schulabschluss, beginnt meistens eine Lehre im eigenen familiären Betrieb und übernimmt später die Firma. Unsere Firma wurde 1929 gegründet und seither über Generationen hinweg weitergegeben. Jetzt wären meine Schwester und ich an der Reihe. Aber ich habe mich anders entschieden. Zumindest vorübergehend. Meine Grundschulempfehlung fiel auf das Gymnasium mit den Worten: "Realschule schafft sie locker, mit ein bisschen Arbeit wäre aber auch das Gymnasium machbar." Nun durfte ich selbst entscheiden. Und so wählte ich das Melanchthon-Gymnasium in Bretten, zu dem ich jetzt ganze acht Jahre jeden morgen 20 Minuten mit der Bahn fahren musste. Einige fanden das damals komisch, da ich genauso im Nachbarort Eppingen auf die Schule gehen konnte. Aber ich wollte etwas ganz Neues erleben. Ich bin so froh, dass ich damals diesen Schritt gemacht habe! Wahrscheinlich hätte ich sonst niemals die Leute kennen gelernt, von denen ich so viel lernen konnte und mit denen ich so viel erlebt habe, was mich geprägt hat!


Ich habe bereits vor einem Jahr angefangen, mich beruflich zu orientieren. Meine erste Wahl fiel auf einen technischen Job. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für technische Fächer wie Physik oder Naturwissenschaften. Nach einem zusätzlichen Ingenieur-Kurs war ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich ein technisches Studium machen möchte. Dafür habe ich mich dann auch beworben. Genauer gesagt für ein Duales Studium. Sowohl ich selbst als auch meine Eltern waren total stolz, dass ich schon so entschlossen war im Gegensatz zu Anderen in meiner Stufe. Und dann kam der Tag, an dem ich kurz vor meiner endgültigen Entscheidung stand. Ich hatte die Zusage für mein Duales Studium und musste nur noch unterschreiben. In diesem Moment kam mir wirklich ein mulmiges Gefühl. Ich fragte mich: Was will ich eigentlich in meinem Leben erreichen? Mehr Businesswoman oder eher Familienmensch? Will ich überhaupt für immer hier in Deutschland leben? Und die wichtigste Frage: Will ich mich wirklich für die nächsten sechs Jahre festlegen, so wie es im Arbeitsvertrag stand? 


Und ich habe mich dagegen entschieden