Hare Krishna,
Durban ist ganz anders gekommen, als es kommen sollte. Ich habe mein erstes Weihnachten ohne meine Family verbracht und es ist einfach nicht das gleiche, wenn man mit fremden Menschen ein solches Fest feiert. Umso mehr kann ich mich aber auf nächstes Weihnachten freuen. Genauere Umstände will ich nicht erläutern. Nur einen Satz, dem ich jeden ans Herzen legen möchte :
Meide laute und aggressive Menschen, denn sie sind eine Qual für den Geist.
Da ich beschlossen hatte, mich nicht länger in den angespannten Zuständen aufzuhalten und mich schützen wollte, führten meine Wege in den Hare Krishna Tempel, den ich zwei Jahre zuvor mit Jessi besucht hatte. Ich wurde herzlichst empfangen und es tat mir wirklich gut erstmal abgelenkt zu werden. Hare Krishna ist eine eigene Religion. Sie ähnelt dem Hinduismus und ist weltweit verbreitet. Zusammen mit Rangadesh bzw. Ranga, eine vierzigjährige Frau, die schon über zwanzig Jahre dort wohnt, schlief ich in einem kleinen, sehr spartanisch eingerichteten Raum. Sie erklärte mir den Glauben und half mir mich im Tempel zurecht zu finden. Wir tauschten uns viel aus und sie kleidete mich mit ihren Saris, den indischen Gewändern ein. Zum ersten Gebet, um fünf Uhr morgens habe ich es nicht immer geschafft aber es war auch nicht weiter schlimm, da ich immer freundlich Empfangen wurde, sobald ich in die Gebetshalle kam. Bei einem "Gebet" wird eigentlich nur getanzt und das ganze dauert drei Stunden. Das Hauptgebet ist immer das Gleiche:
Hare Krishna Hare Krishna. Krishna Krishna Hare Hare.
Hare Rhama Hare Rhama. Rhama Rhama Hare Hare.
Und das Ganze wird tausendfach gesungen in allen möglichen Variationen und Melodien. Ich finde den glaube sehr interessant. Es heisst, dass WIR nicht UNSER KÖRPER sind. Wir sind nur eine Seele und der Körper ist nur unser Instrument, dass wir benutzen solange wir leben. Wenn der Körper stribt, bleibt also die Seele erhalten und geht in einen neuen Körper. Ob man nun wieder ein Mensch wird, das höchste Wesen, hängt davon ab, wie sehr man Gott/Krishna gedient hat. Die Hare Krishna Gläubigen dienen Gott indem sie ihn mit ihrem Hare Krishna Hare Krishna Hare Rhama Gebet beehren. Also wer länger und öfteres diesen Satz sagt, sorgt für sein späteres Leben vor.
Es war wirklich eine komplett neue und andere Erfahrung. Und einen Sari binden kann ich jetzt auch. Die meisten im Tempel waren Inder aber es gab auch vereinzelte Afrikaner, junge und alte, die sich zu dem Glauben bekannt haben und auch dort leben. Das Essen war wirklich lecker und alles vegetarisch, was hier wirklich etwas besonderes ist, da Essen ohne Fleisch sowohl bei Afrikanern als auch Indern ein absoluten No-Go und keine richtige Mahlzeit ist. Das vegetarische Essen hängt auch damit zusammen, dass Tiere verehrt werden. Es gibt auch hier eine Glückskuh wie im Hinduismus.
Der Hare Krishna Tempel engagiert sich viel was Armut angeht und geht regelmäßig in Unis oder Townships und verteilt Essen umsonst. Vor zwei Jahren bin ich bereits in eine Universität mitgefahren und durfte die pure Dankbarkeit erleben. Aber dieses Mal hatte ich die Gelegenheit auch einmal in ein Township mitzukommen um dort Essen zu verteilen. Zunächst ist die ganze Crew in Saris und anderen Gewändern gekleidet zum Township gefahren und die Straßen entlang gewandert. Wie immer wurde getanzt und gesungen. Hare Krishna Hare Rhama usw. Nach und nach schlossen sich uns immer mehr Kids an und tanzten mit uns. Als es dann dämmerte liefen wir über Stock und Stein einen Hang hoch bis zu einem Haus, in dem sich schon viele Leute angesammelt hatten. Es hat sich anscheinend schnell rumgesprochen, dass die Hare Krishnas malwieder da sind. Mit anderen Hare Krishnas in meinem Alter haben wir in einem kleinen Raum ein kleines Schauspiel für die Kids vorbereitet. Wir spielten eine Legende der Religion nach, in der es um Krishna geht, der mit dem Bösen und dessen Dämonen kämpft. Die Kids haben sich wirklich gefreut und danach hat jeder einzelne einen vollgehäuften Teller Essen und danach noch Eis bekommen. Und es wurde wieder getanzt. Ich war froh als ich wieder im Rangas Zimmer im Tempel war und duschen konnte.
Ich gewöhnte mich allmählich an den Alltag im Tempel und wurde dann zu einem riesen Event an Silvester eingeladen. Wir fuhren in den Phoenix Tempel um dort mit allen Hare Krishnas aus dem Umkreis Silvester zu feiern. Wie immer wurde wieder gebetet und getanzt. Ein Pfarrer saß mit seinem Gewand und mit ganz vielen Blumen geschmückt auf einem protzigen Stuhl und hat Geschichten erzählt. Von sich selbst und eben von der Religion. Es gibt immer eine Männer und eine Frauenseite. Während dem Tanzen wurden auch verschiendene Rituale durchgeführt wie zum Beispiel, dass man mit Wasser bespritzt wurde oder jemand mit einer Kerze kommt, bei der man seine Hände kurz in den Rauch hält und sie dann auf die Stirn legt. In jedem Tempel gibt es in der Gebetshalle eine Wachsfigur von Krishna, der wirklich gelebt hat und von dem es auch Tonaufnahmen gibt, die oft angehört werden. Und es gibt auch immer richtig kitschige Puppen, die jeden Tag neu geschminkt und neu gekleidet werden. Die Wachsfigur von Krishna wird angesungen und jeder wirft mit Blüten auf ihn. Die Puppen werden ebenfalls angesungen und von einem Diener mit Kerzenrauch umtanzt. Als bei euch also an Silvester die Raketen hochgingen, saß ich gerade im Tempel und sang und betete Puppen an.
Ich muss sagen, es war eine tolle Erfahrung. Die letzten zwei Tage, bevor es wieder nach Kapstadt ging, verbrachte ich aber dann doch wieder im Haus von Jessis Oma. Viel zu froh, war ich dann als ich wieder in Kapstadt angekommen bin und freute mich meinen Taxifahrer Lemmos wieder zu sehen! Die Mädels musste ich ersteinmal in den Arm nehmen. Ich war so froh wieder in Kapstadt zu sein!