It's a crazy world!
Inzwischen haben wir den 22. November. Bin also jetzt ein bisschen länger als einen Monat hier und habe einfach festgestellt, dass hier alles und jeder crazy ist. Ist nicht direkt negativ gemeint, weil wir immer was zu lachen haben. Aber dazu später mehr...
Inzwischen bin ich schon in der Alltagsroutine drinnen. Der Tag läuft ca so ab:
Start: 7,8 oder 9 Uhr. Da wir acht Freiwillige sind und die neunte nächste Woche kommt, wechseln wir uns jede Woche mit den Schichten ab.
Um 9.00 bekommen die Kinder Pordige. Also normalen Haferschleim. Ich muss sagen, dass ich ohne Haferflocken garnichtmehr leben könnte, weil selbst ich sie jeden Tag esse. Sobald alle fertig sind und alle Schüsseln in der Küche sind wird gespielt. Wir haben drei Tische in unserem Zimmer und an jedem Tisch machen die Kinder etwas anderes. Meistens haben sie Legosteine, Magazine zum rumblättern und rumschneiden und am dritten Tisch, dem 'Creative Corner' wird etwas zum 'theme of the week' gebastelt oder ausgemalt. Diese Woche ist es zum Beispiel 'Dairy Products' . Total "creative" also nur Bilder von Kühen auszumalen aber weiter gehts...
Nach ein bis zwei Spielstunden üben wir die Tänze für das Konzert. Der ganze Staff und vor allem Sharon, die Leiterin, spricht momentan von dem Konzert. Jede Gruppe wird dort zwei bis drei Tänze vor Eltern und Freunden vorführen. Wir haben die Aufnahmen von den letzten zwei Jahren zusammen in unserer Wohnung angeschaut und mussten einfach schmunzeln, weil die Auftritte bei den Jüngeren ein einziges Disaster waren. Alle stehen auf der Bühne und weinen und schreien sich die Seele aus dem Leib. Ist ja auch klar, wenn das Publikum gröhlt wie eine Horde wild gewordener Tiere und überall Blitzlichtgewitter wütet. Naja wie gesagt üben wir unsere zwei Tänze jeden Tag. Es klappt bei uns im Vergleich zu manch anderen schon ganz gut. Bin manchmal echt stolz auf die Kiddis. Das Motto des Konzert ist 'District Six'. Jeder der weiß, was das ist sollte den Sinn genauso wenig verstehen wie ich. Warum nimmt man so ein Thema als Kindergartenkonzert. Das wäre fast so als würde man in Deutschland den ein Konzert mit dem Motto 2. Weltkrieg machen?! Crazy... und wir Volunteers sind für die Deko zuständig.
Nach dem Üben der Tänze dürfen die Kinder rausgehen und sich ihre Zeit auf dem Klettergerüst, dem 'Jungle' vertreiben. Wenn die ersten Kinder Sand in den Augen haben oder ihre Hände voller Blasen sind ist es meistens schon Zeit reinzugehen. Wenn alle auf dem Klo waren wird dann auch schon wieder zu Mittag gegessen. Wir bekommen das gleiche Essen wie die Kinder. Es ist meistens verkocht und einfach genau das Essen, was ich früher als Kind niemals gegessen hätte. Bohnen, super ekliges Fleisch aber es geht schon. Im Vergleich dazu ist das Essen, das ich kenne Gourmetessen.
Wenn der letzte Teller in der Küche ist werden die Kinder zwischen 11.30 und 12Uhr schlafen gelegt. Oder man versucht es zumindest mit den verschiedensten Methoden. Darauf komme ich später zurück. Bis 14.30 müssen auf jeden Fall alle Augen geschlossen bleiben. In unserer Klasse wird meistens nach der Sleeping Time etwas vorgelesen und gesungen. Natürlich aus der Kinderbibel. Lieder wie, 'God is good', 'Who is the King of the Jungle', 'i am special' und 'Fishing for Jesus' können wir in- und auswendig. Es kam auch schon vor, dass wir die Lieder Taxifahrern nach einer langen Nacht auf der Longstreet vorgesungen haben :D Aber zurück zum Tagesablauf...
Die Kinder dürfen nun wieder spielen und warten eigentlich nur darauf, bis sie von ihren Eltern abgeholt werden. Eigentlich spätestens 18 Uhr...aber wie ja jeder weiss tickt die afrikanische Uhr etwas anders und es sind auch nach 18 Uhr noch Kinder da.
Achtung Unterschied!
Now - kann hier alles bedeuten. Wenn also jemand sagt, I'm coming now, wird er mindestens eine Stunde später kommen...
Now now - I'm coming now,now bedeutet so viel wie jetzt sofort. Also nur zehn Minuten Verspätung
Now, now, now - Glück gehabt... mit zwei Minuten Verspätung ist das hier pünkltich
Ich finde es sehr interessant, wenn die Eltern ihr Kinder abholen. Einerseits klar, dass man immer die Kinder mit ihren Eltern vergleicht. Andererseits sieht man aber auch wie die Eltern jeweils mit ihren Kinder umgehen. Eine Mutter hier ist ziemlich abwesend wenn sie in den Kindergarten kommt. Sie hat zwei Töchter. Die Ältere ist meiner Meinung nach so ziemlich das reifeste Kind hier. Obwohl sie erst vier Jahre alt ist weiß sie zum Beispiel genau, welche Flasche welchem Baby gehört und so weiter. Sie ist wirklich süß, aber kann auch ganz anders. So sagt sie zu uns: oh i love you so much und später meint sie zu Zaida, einer Aushilfe in der Küche, dass sie sich ein riesen großes Messer kaufen wird und sie von oben bis unten aufschlitzt. Dann hat sie wie ein Teufel gelacht. Ich weiß nicht von wo sie das hat, aber auch dass sie in ihrem Alter den Boden mit dem Wischmopp wie ein Profi wischen kann zeigt mir, dass es zu Hause wohl etwas anders ist als es sein sollte.
Um die crazy Kinder hier zu bändigen haben sich die Teacher hier die verschiendesten Methoden ausgedacht.
Nr.1 Dianes Schneckentherapie
Zuerst sollte man wissen. Diane hat einen kompletten Vollschuss und meint immer sie muss sich beweisen. Sie lacht wie ein Teufel. Künstlich und rausgedrückt. In ihrem Klassenzimmer leben zwei Schnecken. Meistens. Es kann auch mal sein, dass man sie am Pult sitzen sieht und sie das Haus einer Schnecke abschält...total pervers. Wenn ein Kind frech ist oder gerade nicht das macht, was sie möchte, droht sie dem Kind, dass es die Schnecke ins Gesicht bekommen wird. Die Schnecke hält sie dabei direkt vors Gesicht.
Nr.2 Melanies Scherentherapie
Die Schere wird hier nicht nur zum Schneiden verwendet... nein... Wenn ein Kind schlafen soll und es das nicht tut wird die Schere direkt vors Gesicht gehalten. "Ich werde deine Haare abschneiden, wenn du nicht schläfst!" ..was noch das harmloseste ist. Das ganze kann auch variieren. Zum Beispiel "Hör zu, sonst schneid ich dir die Ohren ab." Die Schere auch immer ganz nah am Gesicht. Man sollte hier auch aufpassen dass man die Augen nicht mit dem Löffel ausgepult bekommt. Das ganze würde natürlich niemals passieren aber die Drohung allein reicht schon damit die Kinder schlafen.
Nr.3 Zaidas Musiktherapie
Zaida ist eigentlich nur als Aushilfe in der Küche eingestellt. Trotzdem muss sie den gleichen Job machen wie die Teacher. Oder zumindest so ähnlich. Wenn sie bei den Babys ist und diese zu sehr schreien, kann es passieren, dass sie einfach die Musik so laut dreht, dass die Schreie übertönt werden. Wobei ich sagen muss, dass die meisten Babys schreien, weil sie Aufmerksamkeit wollen. Sie können sich oft garnicht selbst beschäftigen, weil sie zu viel Aufmerksamkeit von zu Hause bekommen. Kaum setzt man sie eine Sekunde ab fangen sie an zu schreien.
Nr.4 Melanies Babytherapie
Die Babytherapie bestand zunächst eigentlich darin, die frechen Kinder zur Strafe in die Babyklasse zu tun. Oder ihnen zumindest damit zu drohen. Die Therapie wurde aber ausgebaut. Melanie läuft jetzt in der Sleepcontrol mit der Windel rum und droht Kindern, die nicht schlafen wollen an, die Windel über die Kleider zu ziehen. Zwei vierjährige Mädels wurden letzens mit Windeln über ihren Hosen durch jeden Raum geführt und alle haben sie ausgelacht. Die beiden sind vor Peinlichkeit in den Boden versunken und haben geweint. Finde die Therapie aber eigentlich ganz witzig und eine Lehre für freche Kinder.
Ja viele Leute sind hier einfach nur crazy und wir wissen einfach manchmal nicht, was wir darüber denken sollen. Meistens ist es einfach nur zum Lachen. Weil wir inzwischen auch total crazy sind gehen wir am Samstag zu einem Sangoma und lassen uns die Zukunft voraussagen. Das ganze findet im Township statt. Ich habe gemerkt, dass man das nicht jedem hier erzählen sollte, weil viele streng christlich gläubig sind und ihnen die Augen gerade nur so rausfallen, wenn man nur das Wort Sangoma ausspricht. Für alle, die es nicht wissen, ein Sangoma ist ein Wunderheiler, der auch die Zukunft voraussagen kann. Sonntags wollen wir nach Kristenbosch fahren und auf ein Festival gehen. Keine Ahnung was uns erwartet aber es soll toll dort sein.
Ich freue mich immer auf das Wochenende, weil es einfach immer eine gute Abwechslung ist. Man kann rausgehen, neue Leute kennenlernen. Habe schon ein paar kennengelernt, mit denen ich auch noch über Whatsapp Kontakt habe. Aber natürlich nur, wenn sie nicht zu crazy sind. Man muss hier wirklich aufpassen und darf nicht alles auf die leichte Schulter nehmen. Neben aktiven Satanisten, die sich gegenseitig und andere essen, gibt es bestimmt noch viele andere böse Menschen hier.
Aber jetzt zu einem der guten Erlebnisse. Wir haben vor zwei Wochen eine Weintour gemacht. Es war wirklich toll. Die Weingegend hier ist wunderschön und fast immer sonnig. Der Wein war und ist köstlich. Wirklich. Kleiner Tipp: Rotwein mit Brandy und der passende Käse dazu ist ein unbeschreiblich leckeres Geschmackserlebnis. Wir haben uns fünf Farmen angeschaut und bei jeder Farm mindestens fünf Weine getrunken. Ja, ihr könnt euch vorstellen, dass der Tag lustig war, vorallem weil wir Abends immernoch weiter machen wollten. Leider verkauft kein Supermarkt mehr Sonntags Alkohol. Mit Connections ist das aber hier kein Problem. Mal kurz zu meinen Freunden auf Kamerun in den Friseursaloon. Alkohol? Noooo Problem! Wir haben die vier Weinflaschen dann sogar vors Haus gefahren bekommen! So läufts! Der Abend hat... irgendwann geendet. Ich liebe die Menschen hier :)