Zwei Monate sind passé. Ich liege gerade vollgefressen mit lecker indischem Curry im Bett und genieße das Gefühl. Wie es dazu kam:
Zunächsteinmal fange ich ganz vom Anfang an. Wir waren alle total aufgeregt, als wir im Minibustaxi nach Camps Bay gefahren sind. Das Township, in dem wir uns mit unserem Führer, jeder nennt ihn Africa, treffen sollten liegt direkt hinter den Häusern der Reichen, die zum Teil Millionen für ihren Ausblick zahlen. Das Witzige daran ist, dass das Township in einem steilen Hang gebaut ist und die Einwohner dort von oben einen wahrscheinlich schöneren Ausblick haben, als die Reichen. Uns wurde erzählt, dass es sehr oft Beschwerden deswegen gibt und manche Leute das Township umsiedeln wollen, damit sie Häuser dort bauen können. Aber ich hoffe, dass das niemals jemand durchsetzen wird.
Als wir angekommen sind wurden wir "now" von Africa abgeholt und sind gleich Richting Sangoma gelaufen. Wir waren total aufgeregt und jeder hat schon gerätselt, was der Wunderheiler wohl sagen könnte. Jeder wollte erster sein. Dann ging die Erste rein. Der Rest musste draußen auf einer Holzbank, die kurz vor dem zusammenbrechen war warten. Doch als die erste wieder rauskam war es ihr aus dem Gesicht zu lesen: Nur Show. Ich habe schon vorher gezweifelt, weil man dann auf einmal 100 Rand (ca 8 Euro) für eine Zeremonie zahlen sollte, wobei uns am Anfang gesagt wurde, dass es nichts kostet. Nachdem die Dritten rauskamen und alle bestätigt haben, dass es nur Schrott ist, hab ich mich kurzfrisig entschlossen nicht rein zu gehen. Weisheiten wie : "Pass auf wenn du über die Straße gehst" oder "Pass auf wenn du Auto fährst" bekomme ich von meinen Omas zu oft, um sie nochmal von einem Sangoma zu hören :D Meiner Meinung nach hat das mit Zukunft voraussagen auch nicht viel zu tun.
Trotzdem war es noch ein schöner Tag, weil wir mit Africa durch das Township gelaufen sind und er uns ein bisschen rumgeführt hat. An einem Stand, in dem es ein paar Sachen zu kaufen gab, hab ich mich dann in einen kleinen Jungen verliebt. Er war so süß ... vielleicht 2 Jahre alt und hatte dünne Dreads. Musste einfach ein Bild mit ihm haben. Ruckzuck war es Abend und wir fuhren mit dem Taxi zurück nach Hause.
Am nächsten Tag sind wir nach Kirstenbosch gefahren. Dort finden jedes Jahr um die Sommerkonzerte statt. Jedes Wochenende kommt eine andere Gruppe. Ich weiß zwar nicht wie die Gruppe hieß.... Prime Circle oder so ähnlich... aber es war wirklich wunderschön. Wir bestellten uns ein Taxi, dass dann auch kurz später bei uns vor dem Haus stand. Wir fragten ihn, ob er wisse wo Kirstenbosch ist. "Nein, aber kann ich rausfinden" Das war schon die Vorwarnung, dass es malwieder ein Disaster werden würde. Trotzdem stiegen wir ein und machten einen super Fixpreis aus. Nach zwanzig Minuten Fahrt stellten wir fest, dass wir in die vollkommen falsche Richtung fuhren. Der Vorteil dabei war, dass wir noch viele andere Ortschaften gesehen haben und ein bisschen Orientation dazu gewonnen haben. Der Taxifahrer war total verzweifelt und hat immer wieder Leute an der Straße angesprochen, ob sie denn wüssten, wo Kirstenbosch ist. Überall hängen Plakate davon, aber die traurige Wahrheit ist, dass es die meisten einheimischen Leute null interessiert, was vor oder hinter ihnen liegt. Die Teacher bei uns kannten nichteinmal den Greet Market Square - Ein großer Platz, direkt neben der Longstreet, auf dem ein afrikanischer Stand neben dem anderen ist. Jeder, der jemals nach Kapstadt kommt geht dorthin. Aber weiter zum Trip nach Kirstenbosch. Irgendwann kamen auch wir an und gaben dem Taxifahrer noch ein bisschen Geld dazu, weil er wirklich total fertig und verzweifelt war. Sowas wie Navigationssysteme gibt es in Taxis nur selten. Ich zweifle aber daran, dass er wirklich ein Taxifahrer war. Das Auto hatte weder ein Taxischild noch einen Taxometer. Viele Südafrikaner machen das nebenberuflich.
Die Summerconcerts finden in einem botanischen Garten statt. Man sitz irgendwo mit Decke auf einem Hügel und schaut herab auf die Bühne. Alles in der freien Natur. Im Hintergrund tun sich die Berge auf und es ist einfach eine wundervolle Gegend. Bevor das Konzert angefangen hat, waren wir noch in einem afrikanischen Restaurant - Moyos - essen.
Dann war das Wochenende auch schon wieder vorbei und wir sind wieder in den normalen Alltag eingetaucht. Ich habe schonmal angefangen Weihnachtsdeko für den Klassenraum zu basteln. Zwischendurch waren drei Geburtstage in meiner Klasse, mit jeweils einer wirklich riesigen Sahnetorte und ganz viel Süßigkeiten. Aber es war immer ganz lustig.
Eines Mittags saß ich dann wie immer in der Sleeping Control als meine Schwester mir in Whatsapp schreibt und fragt, ob ich nicht Lust hätte an Weihnachten nach Durban zu fliegen. Ich war zwar schon von einer Family zu Weihnachten eingeladen aber die Idee nach Durban zu gehen fande ich so super, dass ich sofort zu Sharon rannte und sie fragte, ob ich eine Woche vor den Ferien in der Creche fliegen kann, damit ich drei Wochen dort bleiben kann. Sie hat es gleich erlaubt.
Am gleichen Tag war Fototermin. Ich habe einen riesen Schock bekommen, als ich vom Office zurück in das Klassenzimmer kam und Nicole, mein Teacher, die Kinder geschminkt hat. Und nicht nur so ein bisschen! Knallroter Lippenstift, darüber pinker Lipgloss, Rouge, farbiger Liedschatten fett aufgetragen. "Komm Nadine, helf mir!" Hab die Kinder dann auch geschminkt, aber hab versucht es so dezent wie möglich zu halten. Alle Kinder die ich geschminkt hatte, wurden fett nachgeschminkt und sie sahen nichtmehr aus, wie meine süßen drei bis vierjährigen Kinder, sondern eher wie kleine Nutten! Kein Scherz! Man kann doch Kinder nicht so schminken und vorallem nicht für einen Fototermin. Der Hintergrund auf dem Foto war pott hässlich. Es war eine goldene, selbstgebastelte Sonne im Hintergrund, die mit Neontüchern in verschiedenen Farben umhängt war. Sharon fand es "awesome, wonderful!" Meine Kinder kamen aus dem Klassenraum in den Gang, wo das ganze Spektakel stattfand, sahen die Kulisse, wo sie Bilder machen sollten, kamen wieder zu mir gerannt und schrien - manche sogar heulend - TEACHER THERE IS A MONSTER! Sie hatten so Angst vor dieser hässlichen Sonne mit dem Gesicht, dass sie keine Bilder machen wollten. Die Schminke war dann auch noch verschmiert. GAB DANN BESTIMMT TOLLE BILDER :D haha. Die anderen Klassen wurden anders geschminkt. Sie hatten ihre Outfits an, die sie am Konzert tragen würden und auf einmal kamen die Teacher anderer Klassen zu mir und meinten: schmink meine Kinder. Facepainting. Du hast 10 Minuten Zeit! Aber was sollte ich auf die Schnelle bitte schminken. Ich bekam verschiedene Gesichtsfarben und sollte die Kinder passend zu District 6 schminken. Also bunt. Egal was, schmink einfach irgendwie. UND DAS ALLES FÜR DEN FOTOTERMIN! Teacher, i want Badman! Teacher, I want Spiderman! Teacher, i want Barbie! Sowas kann ich halt auf keinen Fall bringen. Ich malte dann bunte Streifen und Kreise ins Gesicht. Was mir gerade so einfiel einfach darauf los. Die Kinder fassten sich danach tausend Mal ins Gesicht und sahen dann wunderschön auf dem Foto aus. Ohman wieder ein totales Disaster. Sharon fand es "AWESOME, WONDERFUL, THE BEST PHOTOS EVER!"
Das Konzent rückte immer näher und wir übten die Tänzer immer öfter. Dann kam auch schon der Tag, an dem wir in die Sporthalle fuhren. Es hat soweit alles super geklappt. Wir haben leider nichts vom Konzert selber mitbekommen, weil wir hinter der Bühne mit dem An- und Auszieher der Kinder beschäftigt waren. Und natürlich mit dem Schminken. Sharon sagt es war THE BEST CONCERT EVER! WONDERFUL!
Nach dem Konzert waren wir bei JoDi eingeladen. Wieder bei dem Vater von zwei Kindern unseres Kindergartens. Es war richtig witzig und es gab sehr leckeres Essen und Cupcakes. Der Bruder von JoDi hat sich sofort ein paar Mädels von uns geschnappt und hat mit ihnen Chachacha und Walzer und solche Standarttänze getanzt. Er konnte es wirklich und hat so gut geführt, dass es aussah, als würden es die Mädels auch können. Ich hab ein bisschen mit der Oma mit in der Küche geholfen, weil ich wissen wollte wie man Rotis macht. Die Oma hatte auch einen sprechenden Papagei und 25 Wellensittiche.
Zwei Rotis und ein paar Gläser ColaRum später haben wir dann entschieden auf die Longstreet zu gehen. Wir trafen uns mit zwei Freunden im Bobs und gingen dann zu "Chez Temba" dem meiner Meinung nach besten HipHop, African und Dancehall Club! Wieder hat der Abend irgendwann geendet. Diesmal mit einem Tinitus im Ohr.
Unter der Woche entschieden wir uns einmal ins Kino zu gehen. Der Film "Mandela" lief an und gleich an der Filmprämiere haben wir dafür Karten bekommen. Er ist wirklich sehenswert. Ich weiß nicht genau, ob er in Deutschland auch in den Kinos läuft. Es war ein toller Film, aber ganz anders wie das Buch, das ich gerade über ihn lese.
Eine Woche später hatte ich die frühste Schicht im Kindergarten und saß gerade auf der Treppe mit dem Drücker um die Tür für die Eltern zu öffnen. Da kam der Essensmann rein mit hunderten von Brötchen komplett überladen und traurig und sagt zu mir: I will cry the whole day! Nelson Mandela is dead. Konnte es selbst garnicht fassen. Er war am Abend vorher um kurz vor neun Uhr gestorben. Wir haben da schon längst geschlafen, weil wir so müde waren.
In den gleichen Woche hat sich Sharon einen Tag freigenommen um mit uns einen Ausflug zu machen. Zuerst sind wir die Serbentinen hochgefahren und haben uns oben in ein Restaurant gesetzt. Es war ein wunderschöner Ausblick und das Frühstück dort war echt lecker. Ich habe Lachsbrötchen gegessen mit einem süßen Obstsalat dazu. Danach konnten wir noch ein paar Bilder machen von der schönen Landschaft und dann gings auch schon wieder fix weiter. Wir sind dann mit dem Auto an der Küste entlang gefahren. Da Sharon uns die Tage vor dem Ausflug gepredigt hatte, wie entspannt und relaxt unser Ausflug werden würde, hielten wir sogar ganze ZWEI MINUTEN an einem Strand.
Auf dem Bergrestaurant hat Sharon schon total rumgeprotzt, dass sie uns auf ein Mittagsessen einladen würde, weil sie die Kreditkarte von ihrem Mann dabei hat. Dabei hat sie mit der Karte in der Hand rumgewedelt :"Ihr dürft sogar aussuchen was ihr wollt. Egal was." Nun waren wir in dem Restaurant angekommen. Ganz romatisch neben der Straße und mit Visitenkarten tapeziert. Ich schlug das Menu auf und freute mich schon auf ein schönes Stück Fleisch oder Fisch, das ich mir meiner Meinung nach verdient hatte. "Nein Stop", meint Sharon. Ihr dürft nur Pizza essen. Naja ok. Dann eben Pizza. Ohjaaa lecker eine leckere Spinatpizza. "Ja aber halt. Wir nehmen nur drei Pizzas und teilen sie uns dann." WIE BITTE? Es war einfach nur peinlich. Diese Frau ist einfach nur peinlich. Ernsthaft hat sie dann drei Pizzas bestellt und wir haben uns diese drei Pizzas zu 7. geteilt! Jeder hat ganze zwei Stücke bekommen. Ouh man war ich froh als wir wieder aus diesem Restaurant draußen waren. Bin dann gleich mit zwei anderen in den nächsten Laden, weil Sharon uns im Restaurant gesagt hatte, dass wir noch ganz ruhig und lässig shoppen können. Wahr wohl nix. Kaum waren wir im Laden drinnen sahen wir Sharon schon auf dem Parkplatz nehmen ihrem Auto stehen und rumwinken, als würde sie gerade ein Flugzeug in die Landebahn einweisen. Irgendwann waren wir dann auch zu Hause und konnten uns den ganzen Abend noch über diesen Ausflug auslassen.
Meine erste Safari habe ich jetzt auch gemacht. Es war ganz cool und es gibt eigentlich garnicht so viel darüber zu erzählen. Die Big Five haben wir gesehen. Löwe, Büffel, Nashorn, Elefant, Leopard. Das Nashorn fand ich neben den Elefanten das tollste. Es ist echt beeindruckend und so stark. Einmal kam eine Nashornmami auf unseren Jeep zugerannt, weil sie ihr Kleines beschützen wollte und ich hatte echt kurz Angst, weil der ganze Boden vibriert hat. Aber sie ist vorher doch noch stehen geblieben, sonst wäre das ganze nicht gut ausgegangen. Letztens wurde erst wieder eine Familie von einem Büffel überrannt und getötet. Die Tour, die wir gebucht hatten ging zwei Tage lang. Am ersten Tag durften wir mit Löwen Gassi gehen und danach die Safari machen. Am zweiten Tag fuhren wir auf eine Farm nach Oudtshoorn, in der man in den Käfig mit verschiedenen Tieren durfte. Weil die Zeit knapp war entschied ich mit für die weißen Tierbabys und für die Lemuren. Ich wollte schon immer einmal Lemuren sehen und ich liebe sie nach dem Besuch im Gehege noch viel mehr. Sie sind so süß und hüpfen einfach überall herum. Kaum war ich drinnen saß schon einer auf meinem Kopf und der Schulter. Nicht weit von der Farm entfernt sind wir dann auf Elefanten geritten. Ich durfte auf den größten :)
Als wir im Bus saßen auf dem Heimweg der Safari hörten wir im Radio, dass im Stadion in Kapstadt eine Nelson Mandela Gedenkfeier stattfindet. Sobald es Karten gab, holten wir uns welche und es war einfach super. Die Menschen haben diesen Mann und seine Taten einfach gefeiert und die Künstler waren super. Wir wussten zuvor nicht wer auftreten würde und haben uns auf das größte eingestellt. Leider waren die großen Politiker und Weltstars nur in Johannesburg, wo die größte Gedenkfeier auch im Stadion dort stattfand. Es war trotzdem schön und es hat sich gelohnt. Bis 1994 war in Südafrika noch alles anders. Es gab Strände nur für die "Weißen" und auch Abteile in der Bahn wo nur Weiße sitzen durften.Erst als Nelson Mandela dann Präsident wurde änderte sich alles und die Rechte der Schwarzen, Coloured und Inder wurden anerkannt. Deswegen und noch wegen vielen anderen Sachen wird Mandela so gefeiert.
Am Wochenende darauf machten wir einen Bootsfahrt im Sonnenuntergang mit Champagner. Es war wunderschön und es gab schöne Bilder. Der Anlass dazu war ein Geburtstag. In der nächsten Arbeitswoche hatten die Teacher einen Tagesausflug und wir Volunteers mussten den Kindergarten allein schmeißen. Ich war mit einer anderen in der Babyklasse. Da nur Babies da waren, die schon laufen konnten sind wir das erste Mal mit ihnen auf den Spielplatz gegangen. Wir haben uns eine Decke mit rausgenommen und uns auf den Boden gesetzt und ihnen beim Spielen zugeschaut. Zuckersüß.
Dann kam auch schon der Tag, an dem ich nach Durban fliegen sollte. Ich wollte meine Haare machen und sie waren so langweilig und ich hatte keine Lust dazu nochmal zu duschen. Da saß ich auch schon wieder im Hairsaloon und hab mir Cornrows flechten lassen. Diesmal hat es nur eine Stunde gedauert :) Zwei Stunden später kam Lemmos, ein netter Taxifahrer und fuhr mich zum Flughafen. Habe die Challenge bestanden allein zum Flughafen zu kommen, Einzuchecken und dann auch wirklich im richtigen Flieger zu sitzen. Muss schon zugeben, dass ich stolz auf mich bin :D Am Flughafen wurde ich von Jessis Onkel abgeholt. Jetzt bin ich endlich in Durban und geniße das Essen.
LANGE STORY... nun zu den Bildern: